Im nifbe-Interview unterstreicht Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig die Notwendigkeit weiterer qualitativer Verbesserungen im KiTa-Bereich und erläutert den aktuellen Stand eines „Bundesqualitätsgesetzes“. Sie stellt dabei klar, dass Qualität kostet und dass sich die „hervorragende Arbeit“ von ErzieherInnen auch in der Bezahlung widerspiegeln müsste.
Eltern wünschen sich die bestmögliche Betreuung und Bildung für ihre Kinder. Und Bildung fängt in den ersten Lebensjahren an, sie findet auf spielerische Weise statt und braucht Anregungen aus der Familie, von anderen Erwachsenen und den Kontakt mit anderen Kindern. Wir sind beim Kita-Ausbau schon ein gutes Stück vorangekommen, aber wir sind noch nicht am Ziel. Wir brauchen mehr Ganztagsplätze und wir brauchen gute Plätze. Mit dem neuen Gesetz zum weiteren Ausbau der Kinderbetreuung setzen wir einen Schwerpunkt auf ganztägige Betreuung und gesunde Verpflegung. Alle Kinder in Deutschland sollen unabhängig von ihrer Herkunft und ihren sozialen Rahmenbedingungen die gleichen Entwicklungs- und Bildungschancen erhalten. Vor allem Kinder mit Migrationshintergrund, die Deutsch als zweite Sprache erst lernen müssen, sind besonders stark auf pädagogische Qualität angewiesen. Die gezielte Sprachförderung in Kitas ist deswegen ein entscheidender Schritt für mehr Bildungsgerechtigkeit.
Die Erzieher leisten sehr viel. Deshalb brauchen wir auch gute Standards. Bund und Länder haben sich Anfang November zum ersten Mal an einen Tisch gesetzt, um über die Qualität in den Betreuungsangeboten zu reden. Wir haben uns dabei auf einen Fahrplan zur Entwicklung bundesweit verbindlicher Qualitätsziele in der Kindertagesbetreuung geeinigt. Dazu zählen u.a. der Personalschlüssel, die mittelbare pädagogische Arbeitszeit und die Leitungszeit, aber auch Fragen der Qualifizierung der Fachkräfte oder die Gesundheitsförderung. Entscheidend ist aber erst einmal, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen und zu gemeinsamen Zielen kommen.
Mit der Konferenz wurde der Startschuss für einen gemeinsamen Qualitätsprozess gegeben. Als nächsten Schritt wollen wir turnusmäßige Konferenzen zur Weiterentwicklung frühkindlicher Bildung abhalten. Dazu haben wir eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Bundes, der Länder und der Kommunalen Spitzenverbände eingesetzt, die konkret diskutieren soll, welche Qualitätsstandards wir brauchen und wie wir uns die Finanzierungsgrundlage vorstellen. Die Verbände und Organisationen sollen hier systematisch einbezogen werden. Ende 2016 werden wir zu den Ergebnissen einen Bericht vorlegen.
Klar ist aber, Qualität kostet. Deshalb wird der Bund bis 2014 insgesamt 5,95 Mrd. Euro für den U3- Ausbau und ab 2015 dauerhaft jährlich 845 Mio. Euro für Betriebskosten zur Verfügung stellen. Mit dem neuen Investitionsprogramm unterstützen wir Länder und Kommunen stärker als je zuvor. So werden in dieser Legislaturperiode nicht nur eine Mrd. Euro für den weiteren Kita-Ausbau investiert, sondern Länder und Kommunen werden in 2017 und 2018 zusätzlich mit 100 Mio. Euro bei den Betriebskosten unterstützt. Dieses Geld kann auch für Personalkosten verwendet werden.
Es geht um gute Qualität, bundesweit und nicht nur um Mindeststandards. Diese Qualitätsziele können sicherlich nicht von heute auf Morgen erreicht werden und die Bedarfe vor Ort sind sehr unterschiedlich. In Anbetracht der äußerst heterogenen Situation in den Ländern brauchen wir einen Prozess, der stufenweise und auf längere Zeit angelegt ist. Dieser wird von der gemeinsamen Zielsetzung aller Beteiligten getragen, ein hohes Maß an Qualität in der Kindertagesbetreuung durch gemeinsame Qualitätsstandards und eine solide Finanzierungsgrundlage dauerhaft sicherzustellen. Qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung zahlt sich langfristig aus. Die Rendite kommt allen staatlichen Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – zugute.
Gesetzliche Qualitätsstandards wie z.B. zum Personalschlüssel sind eine Sache, die konkrete Qualifizierung der einzelnen Erzieherin eine andere. Wie können ErzieherInnen in Anbetracht der enorm gestiegenen Anforderungen an sie – von der Diagnose und Dokumentation über Sprachförderung und Erziehungspartnerschaft bis zur Inklusion – in ihrer weiteren Professionalisierung auch durch den Bund unterstützt werden?
Wir brauchen für eine gute Kindertagesbetreuung zweierlei: Zum einen angemessene Rahmenbedingungen, zum anderen geht es aber auch um die Fachkräfte selbst und ihre konkrete Arbeit mit den Kindern. Dafür müssen die Fachkräfte in ihrer Ausbildung und ihren Praxisphasen in den Kitas optimal vorbereitet werden. Gerade mit Blick auf die gestiegenen Anforderungen z.B. im Bereich der Sprache oder Inklusion brauchen sie aber darüber hinaus eine kontinuierliche Unterstützung insbesondere durch passgenaue Weiterbildungsangebote, Austausch mit Kollegen oder Fachberatungen.
In rund 4.000 „Schwerpunkt-Kitas“ fördert der Bund bereits die sprachliche Bildung von Kindern mit 100 Mio. Euro. Eine weitere Initiative zur sprachlichen Bildung ist ab 2016 geplant, die ebenfalls mit 100 Mio. Euro jährlich gefördert werden soll. Dabei unterstützen spezialisierte Fachkräfte die Erzieher bei ihrer pädagogischen Arbeit mit den Kindern und bei der Zusammenarbeit mit den Familien. Das Bundesprogramm „Lernort Praxis“ hat zum Ziel, die Kitas als Lern- und Ausbildungsort zu stärken und eine Kooperation mit den Fach- und Hochschulen zu intensivieren. Die Praxismentoren unterstützen dazu die Kitateams bei der Begleitung angehender Fachkräfte in ihren Praxisphasen. Der Bund fördert zudem den Ausbau und die Qualifizierung in der Kindertagespflege.
Bildung beginnt in der Kita und stellt die Weichen für die weitere Entwicklung von Kindern. Deshalb ist auch eine enge Kooperation der beiden Bildungsorte Kita und Schule –besonders kurz vorm Schuleintritt – wichtig. Die Erzieher leisten hier eine hervorragende Arbeit, die sehr anspruchsvoll ist. Das muss sich meiner Meinung nach auch in der Bezahlung widerspiegeln, damit sich mehr für diesen Beruf entscheiden. Da setzen wir auf die Tarifverhandlungen, die anstehen.
Interview: Karsten Herrmann