Trotz aller Kraftanstrengungen: Die unzureichende Personalausstattung in deutschen Kitas wird zunehmend zum Problem. Zwar hat sich die Zahl der pädagogischen Fachkräfte durch den Kita-Ausbau deutlich erhöht, doch die Personalschlüssel verbessern sich vielerorts zu langsam. Der Personalmangel belastet nicht nur die Kita-Qualität, sondern auch die Erzieherinnen und Erzieher und erschwert es, mehr Menschen für den Beruf zu begeistern.
Mit dem Kita-Ausbau ist von 2008 bis 2018 die Zahl des pädagogischen Personals um 54 Prozent angestiegen, von 379.146 auf 582.125. Diese enorme Aufstockung des Kitapersonals ist ein erheblicher Erfolg. Zudem zeigt sich seit 2013 – dem Jahr der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz – eine im bundesweiten Durchschnitt verbesserte Personalsituation in den Kitas.
Das Betreuungsverhältnis sieht im Kitaalltag sogar noch ungünstiger aus. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass rund ein Drittel der Arbeitszeit einer Erzieherin für Aufgaben außerhalb der pädagogischen Praxis benötigt wird; zum einen beispielsweise für Elterngespräche, Qualitätsentwicklung oder Bildungsdokumentationen, zum anderen für Urlaub und Fortbildungen. In Mecklenburg-Vorpommerns Kindergartengruppen muss dann beispielsweise eine Mitarbeiterin fast 20 Kinder, in Baden-Württemberg hingegen 10,5 Kinder betreuen. Längere Ausfallzeiten durch Krankheit verschlechtern die Betreuungssituation noch weiter, wenn kein Vertretungspersonal zur Verfügung steht.
Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, bedauert: „Das Gute-Kita-Gesetz ist eine vertane Chance. Es fehlen im Gesetz bundesweit einheitliche Standards für die Personalausstattung, damit überall kindgerechte Betreuungsverhältnisse und gleiche Arbeitsbedingungen realisiert werden können.“
Dräger sorgt vor allem die angespannte Situation des Kitapersonals: „Der Fachkräftebedarf wird weiter steigen: Für mehr Plätze, eine gute Kitaqualität und den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder brauchen wir mehr Erzieherinnen und Erzieher. Diese können wir nur gewinnen und halten, wenn die Arbeitsbedingungen gut und attraktiv sind. Kindgerechte Personalschlüssel sind dafür eine wichtige Stellschraube.“ Insgesamt brauche es, so Dräger, fast 106.500 zusätzliche Fachkräfte, um die Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung zu realisieren.
Um neue Fachkräfte zu gewinnen, fordert er zudem Verbesserungen im Ausbildungssystem für Erzieherinnen und Erzieher: bundesweit kostenfreie Ausbildung, eine angemessene Ausbildungsvergütung sowie Renten- und Sozialversicherungspflicht für alle Ausbildungsgänge. Zudem sollen die derzeit entstehenden unterschiedlichen Wege in den Beruf – beispielsweise für Quereinsteiger – keine Absenkung des bisherigen formalen Qualifikationsniveaus nach sich ziehen.
Zusatzinformationen
Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war der 15. März 2008 und jeweils der 1. März 2013 und 2018. Die Berechnungen für 2018 wurden von dem LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen durchgeführt. Die aktuellen Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen finden Sie unter www.laendermonitor.de sowie in den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laender-profile.
Der Personalschlüssel ist ein zentrales strukturelles Qualitätsmerkmal von Kitas. Nach Empfehlung der Bertelsmann Stiftung sind für eine gute Kita auch Standards für eine professio-nelle Leitungsausstattung, berufsbegleitende Beratung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte und eine gute Mittagsverpflegung wichtig. Zusammenfassende Darstellung der wissenschaftlichen Studien zu den Arbeitszeitanteilen verschiedener Aufgabenbereiche von Fachkräften vgl. Viernickel und Schwarz (2009).