Doch wie lässt sich kindlicher Forscherdrang in der Kita auch in den Naturwissenschaften fördern? Welche alltäglichen Naturerscheinungen lassen sich als Lerngelegenheiten nutzen?
Antworten bietet in einer WiFF-Expertise (Naturwissenschaftliche Bildung in KiTas) Professorin Dr. Mirjam Steffensky, Sprecherin der Forschungslinie „Bildungsprozesse im Elementarbereich“ und Professorin für Chemie-Didaktik am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel. Im Interview gibt sie einen Einblick ins Thema – und erklärt, was frühpädagogische Fachkräfte können sollten, um frühe naturwissenschaftliche Bildung zu gestalten.
Kinder beschäftigen sich vollkommen unabhängig von möglichen Interessen oder Ängsten anderer mit Naturwissenschaften, wenn sie die belebte und unbelebte Natur entdecken, erkunden und erforschen. Zum Beispiel wenn sie im Matsch spielen, Kuchen backen oder eine Spinne beobachten. Eine stärkere Verankerung Naturwissenschaftlicher Bildung in der Kita kann dazu beitragen, dass Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen Zugänge zu naturwissenschaftlichen Bildungsgelegenheiten erhalten. Ein Risiko im aktuellen „MINT-Hype“ ist, dass naturwissenschaftliche Bildung darauf beschränkt wird, einzelne Experimente durchzuführen, und die Auseinandersetzung mit eigenen Ideen und Erklärungen zu kurz kommt. Dabei ist genau das ein zentrales Element naturwissenschaftlicher Bildung.
Gut eignen sich Phänomene, denen Kindern in ihrem Alltag begegnen, etwa Magnetismus, das Wachstum von Pflanzen. Oder Themen, zu denen sie einen Bezug über Spiele, Geschichten oder Bücher haben, zum Beispiel Dinosaurier. Es ist kaum möglich zu sagen, diese oder jene Aktivität sei besser geeignet. Denn es geht nicht darum, ein Phänomen vollkommen zu durchdringen. Vielmehr geht es darum, darauf aufmerksam zu werden und erste Ideen dazu zu entwickeln. Schwierig sind Erklärungen, die Kita-Kinder gar nicht verstehen können, weil ihnen dafür notwendiges Vorwissen fehlt. Sie können zum Beispiel erfahren, dass manche Gegenstände untergehen und andere schwimmen und es oft mit dem Material zusammenhängt, aus dem sie bestehen. Es macht aber keinen Sinn, sehr schwierige und in der Sekundarstufe I verortete Konzept der Dichte als Erklärung zu geben.
Genau wie in anderen Bildungsbereichen ist die Prozessqualität der Lerngelegenheiten zentral. Dazu gehören Aspekte wie die emotionale Unterstützung, zum Beispiel die positive emotionale Beziehung zwischen pädagogischer Fachkraft und Kind, sowie die kognitive Unterstützung, also die Anregung der Lernenden, über einen Sachverhalt nachzudenken. Das kann geschehen, indem sich Kinder mit unterschiedlichen, möglicherweise widersprüchlichen Ideen von sich und anderen auseinandersetzen.
Fachkräfte brauchen zum einen ein Interesse an naturwissenschaftlicher Bildung sowie das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, naturwissenschaftliche Bildungsprozesse zu begleiten und unterstützen. Zum anderen brauchen sie aber auch ein grundlegendes Fachwissen und fachdidaktisches Wissen, um zum Beispiel Alltagssituationen zu identifizieren, die als naturwissenschaftliche Lerngelegenheit genutzt werden können.
Ich würde mir für die Einrichtungen und Fachkräfte mehr zeitliche Ressourcen wünschen. Dadurch könnte sie erstens an längerfristig angelegten Fortbildungsangeboten teilnehmen und hätten zweitens mehr Gelegenheiten, sich im Team mit naturwissenschaftlicher Bildung auseinanderzusetzen. Das ist eine Voraussetzung, um naturwissenschaftliche Bildung langfristig und in hoher Qualität in der Kita umzusetzen.