Der folgende Beitrag stammt aus einem Vortrag an der Universität Lüneburg im März 2011 von Prof. Fr. Karsten.
Zur Erinnerung – oder – Zur Neubelebung
Gesamtzusammenhänge
Die nachfolgende Überblicksskizze als Bild stellt für die derzeitige Diskussion die vorhandenen und weiterzuentwickelnden Bildungswege in der Elementarpädagogik dar – auf der linken Seite.
Die BA- Studiengänge und die Fachschulbildung werden dabei häufig ohne ihre Kontexte gesehen. Die Arenen der Verhandlung sind auf der rechten Seite aufgeführt; hier müsste der Studiengangsfachtag: “Pädagogik der Kindheit“, gegründet am 4.2.2011, ergänzt werden.
Die deutsche Diskussion konzentriert sich auf den DQR, häufig ohne noch den Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) in seinen Möglichkeiten mitzubedenken.
Soziale Frauenberufe
Seit der Studie von Willms – Herget (1985) zur geschlechtlichen Verfasstheit von Berufen und einem potentiellen Geschlechtswechsel, werden all jene Berufe als „Frauenberufe“ beschrieben, in denen mehr als 75% aller Berufstätigen Frauen sind.
Studien hierzu liegen vor u.a. von H. Krüger, U. Rabe – Kleberg, R. Winter, M.E.Karsten, sowie der allgemeinere, nicht nur auf Berufe bezogene Gender – Diskurs, der Gleichstellungs- und Frauenpolitische Diskurs.
Personenbezogene soziale Dienstleistungen
„…sind zu verstehen als solche, „die auf die Menschen direkt bezogen sind und mit ihnen das soziale, physische, psychische und kulturelle Leben gestalten [und] …eine Vielzahl von qualifizierten Tätigkeiten, von der Erziehung über Kommunikation bis ins (Informations-) Management [umfassen]“
Charakteristika und Diskussionen
Berufsentwicklungen (nach Dostal/ Stooß/ Troll, 1998)
Unabhängig vom Arbeitgeber und einem spezifischen Arbeitsplatz erhält der Beruf eine neue Bedeutung, da er für die Berufswahl, die Qualifizierung und für den Arbeitsmarkt ein Raster anbietet, das wegen seiner Mehrdimensionalität und Anpassungsfähigkeit bei gleichzeitiger Stabilität als Instrument zum Ausgleich und zur Bewältigung der erkennbaren Herausforderungen verwendet werden kann. Der Beruf als Allokationsprinzip sollte deshalb nicht leichtfertig aufgegeben werden, da er auch in einer nachindustriellen Gesellschaft mit offenen Arbeitsformen sinnvoll und nützlich ist.
Für die Berufsforschung ergibt sich daraus die Aufgabe, die Rolle und Bedeutung von Beruf in dieser Umbruchsituation herauszuarbeiten und Instrumente zu entwickeln, die Veränderungen im Umfeld von Beruf und innerhalb der Berufe zu analysieren und zu bewerten.
Dazu gehören die Akzeptanz der Mehrdimensionalität, die Ausweitung der Kategorien bei der Erfassung und Strukturierung auch neuer Berufsfelder und Berufe, die Kategorisierung und Clusterung der vielfältigen Informationen sowie die Bereitschaft, die Berufelandschaft aus verschiedenen Blickrichtungen wahrzunehmen.
Neben einer eher beschreibenden und quantitativ orientierten [/S. 459:] Berufsforschung sollte auch eine gestaltende, kreativ orientierte Berufsforschung betrieben werden, die bisherige und erwartbare Veränderungen beschreibt und zugleich neue Strukturierungshilfen erarbeitet und ihre Anwendung fördert. (in: Mitt.Arbeitsmarkt-u. Berufsforschung,3.1998,Nürnberg)
Die tragfähigste und theoretische, wie auch empirische Studien fundierende Professionalisierungstheorie ist von Andrew Abbott:
„The System of Professions“ 1988, mit der Professionalsierungsbewegungen und –pfade beschrieben werden.
Zentrale Elemente des Denkmodells sind:
also bewegliche Prozesse, mit denen in und zwischen Professionen Verhandlungen beschreibbar werden.
Jede personenbezogene, soziale Dienstleistungsarbeit ist hinsichtlich ihrer empirischen Ausprägung gehaltvoll zu beschreiben, also:
Erzieherinnenarbeit in Kindertagesstätten ( Krippen, Kindergärten, Horten, Tagespflege) ist als Bildung, Erziehung und Betreuung für die jeweilige
Werden diese Charakteristika in Beziehung gesetzt zu dem heute allseitig für die Elementarpädagogik geltenden Bildungsauftrag, dann ist an die kritische
Perspektive und Tradition von Bildungsreflexionen zu Erinnern.
Die Aufnahme der sozialwissenschaftlichen und pädagogischen Diskurse zum Thema Lebenswelt akzentuiert die Verbindungen zwischen gesellschaftlichen Strukturen und subjektiven Deutungs- und Handlungsmustern in spezifischer Weise: Lebenswelt wird als Gegenwelt zu gesellschaftlichen Einteignungsprozessen gesehen, als Ort eigensinniger und zu respektierender Lebensarrangements, als Ort einer notwendigen Destruktion pseudokonkreter Bewältigungsmuster und als Ort von Autonomie und Selbstgestaltung des Alltags.Unsicherheit und Vieldeutigkeit bestimmen- oberhalb elementare Verbindlichkeiten- Überlappungen und Übergänge. Was gelten soll, muss ausgehandelt werden; Aushandlung ist das Medium, in dem das Profil von Lebensräumen und Bewältigungsmuster bestimmt werden muss. Das Konzept Lebenswelten- in diesem Zugang- ist sensibel vor allem für die neuen Chancen, Belastungen und Überforderungen in den Gestaltungsaufgaben von Erfahrungsräumen und Lebensentwürfen.(Grunwald/Thiersch,Handbuch für Sozialarbeit, 2005).
Die Konstruktions-, De- und Rekonstruktionsaufgaben der Lebensweltorientierung bestimmen für Kindereinrichtungen einen praxisnahen, theoretisch differenzierten Rahmen, in dem Forschen des Alltags in Kindereinrichtungen placiert werden kann.
Integration von Wissen-Können – Tun
Erst eine solche Integration von Wissen, Können und Tun, die die gesamte Persönlichkeit umfassen, ist in den Prozessen der Professionalisierung von personenbezogenen sozialen Dienstleistungsberufen, auch als Frauenberufen, professionstheoretisch wesentlich. Gerade die Charakteristika personenbezogener sozialer Dienstleistungen, wie Koordination und Kooperation im Interaktions- und Kommunikationszusammenhang der Erbringung und Unsicherheiten im Prozess, da z.B. Bildungs-, Erziehungs- und Beratungs- oder Lernprozesse prinzipiell unabgeschlossen sind, machen es geradezu unausweichlich, Denken und Reflektieren, Konstruieren und Dokumentieren forschungsfundiert mehrperspektivisch anzulegen