Der folgende Beitrag steht im Zusammenhang mit der Sozialdidaktik-Tagung in Lüneburg vom 17.09.2010. Die Tagung stellte die sozialdidaktischen Grundlagen der Lehr- und Lernprozessgestaltung sowie dieSozialdidaktikals Arbeitsprogramm in Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Mittelpunkt und wurde in Zusammenarbeit des Instituts für Sozialpädagogik der Leuphana Universität und der Landesschulbehörde Lüneburg durchgeführt.
Persönlichkeitsbildung wird grundsätzlich eine hohe Bedeutung in der ErzieherInnenausbildung bzw. in der Ausbildung zur FrühpädagogIn zugesprochen. Oftmals ist sie sogar curricularer Bestandteil der Ausbildung. Dabei kann nicht von der Persönlichkeitsbildung gesprochen werden, sondern von verschiedenen Konstrukten, die verschiedene Bildungskonzepte zur Folge haben müssen (Kägi 2006). In dem Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit wird Persönlichkeitsbildung wie folgt definiert: „Persönlichkeitsbildung ist ein weitgefaßter und allgemeingehaltener psychologischer Begriff, der je nach Schule, Forschungsinteresse oder wissenschaftlicher Grundhaltung unterschiedlich mit Inhalt gefüllt wird. Allgemein kann man sagen, daß Persönlichkeit die Gesamtheit aller Eigenschaften darstellt, die die Besonderheit und Unverwechselbarkeit eines Menschen ausmachen. “ (Stimmer 2000, S. 492)
Wie fließt aber nun dieser eher diffuse Begriff in die Ausbildung eine? Einblicke verschaffen hier die Ergebnisse meiner schriftlichen Befragung an Fachschulen/Fachakademien aus vier Bundesländern und Interviews an einigen Fachhochschulen und einer Universität. So wurde Persönlichkeitsbildung unabhängig von der Institution bei allen Befragten als wesentliches Ausbildungsziel benannt. Die Aussagen reichen an Fachhochschulen/Fachakademien von „hoher Stellenwert“ bis „Basisqualifikation“ und sind verbunden mit Aussagen von „Schüler müssen ein gewisses Maß an Selbsterfahrung durchlebt haben und sich eigener Handlungsmöglichkeiten bewusst werden. Sie müssen über ein Instrumentarium an Handlungskompetenz verfügen und gewisse Persönlichkeitseigenschaften mitbringen“ (L 14). Oder: „Es gibt kein Unterrichtsfach ,Persönlichkeitsbildung‘. Dennoch hat die „Persönlichkeitsbildung“ einen zentralen Stellenwert, weil sie maßgeblich über den späteren beruflichen Erfolg/Misserfolg entscheidet“ (L 7). Dabei bezogen sich Fachkräfte an den Fachschulen/Fachakademien auf kein Konzept, sondern auf heterogene Eigenschaften, die benannt werden. Die Eigenschaften reichen von Freundlichkeit, Geduld, Zuverlässigkeit bis zur Kritikfähigkeit und Wertebewusstsein.
So ist insgesamt festzustellen, das Persönlichkeitsbildung vorrangig nicht explizit in die Ausbildung einfließt, sondern durch ein unbewusstes und damit implizites didaktisches Handeln vermittelt wird. Die Pädagogik mit ihren vielfältigen didaktischen Ausprägungen, die alle auf eine aus Bildung und Entwicklung ausgerichtete Personwerdung setzen, muss allerdings einen Beitrag leisten, die ihr anvertrauten Menschen zu autonomen Menschen zu befähigen und Räume einer freien Entfaltung der individuellen Persönlichkeitsbildung ermöglichen. Wie kann dies geschehen? Was bedeutet dies aber für ein didaktisches Handeln? Wie lässt sich Persönlichkeitsbildung didaktisch einsetzen sowie im Schulalltag anwenden? In welchen Zusammenhang sind die Menschenbilder didaktischer Konstrukte mit Persönlichkeitsbildung zu sehen? Was wird tatsächlich unter Persönlichkeitsbildung transportiert? Welche Chancen und Risiken besitzt Persönlichkeitsbildung als „didaktisches Prinzip“? Wie ist dies im Kontext einer Sozialdidaktik einzuordnen? Fragen denen u.a. anhand der Erhebung nachgegangen wird, Möglichkeiten aufgezeigt und diskutiert werden!
Ausbildung zur Erzieherin (1988 - 1991) und mehrjährige Praxis in verschiedenen Feldern der Sozialen Arbeit, studierte aufbauend Lehramt an Berufsbildenden Schulen, Fachrichtung Sozialpädagogik - Zweitfach Deutsch (1996 - 2002) an der Universität Lüneburg und promovierte (2006)an der Universität Bremen Zum Thema: Subjektbildung im Spannungsfeld von Lebenswelt, Ökonomie, Sozialwelt und Politik sowie deren Realisierung in der Erzieherinnenausbildung (magna cum laude); langjährige Stipendiatin des ev. Studienwerks Villigst e.V.; seit 08/2008 Professorin für Frühkindliche Bildung und Erziehung Außeruniversität Praxistätigkeiten (Beispielhaft): Kindertagesstätte, Heimerziehung, Erwachsenenbildung, Fortbildungen und Fachbaratungen für Erzieherinnen Forschungsschwerpunkte: Bildung im Kontext mimetisch performativer Aneignungsprozesse, psychosexuelle Entwicklung von Kindern in Kindertagesstätten, Naturbezüge und Nachhaltigkeit in Kindertagesstätten
Veröffentlichungen:
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