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Montessoripädagogik

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Maria Montessori begründete ihre Pädagogik sowohl auf der Grundlage erfahrungswissenschaftlicher anthropologischer Erkenntnisse ihrer Zeit als auch religiösmetaphysisch. Sie geht von einem sog. inneren Bauplan im Menschen und damit verbundenen Entwicklungsgesetzen aus. Dieser Bauplan ist für Montessori göttlichen Ursprungs, Teil einer der Natur immanenten, kosmischen Ordnung. Der Bildungsprozess ist für Montessori ein Selbstwerk des Kindes, der auf einer im Kind auf Aktualisierung angelegten Antriebskraft beruht, angewiesen auf eine vorbereitete Umgebung, die an die Sensibilitäten des Kindes für Ordnungen, Beziehungen und seine spontanen Bewegungen anknüpft.
Durch eine Polarisation der Aufmerksamkeit beim Kind soll es zur Freisetzung der wahren Natur und damit zur Normalisation des Kindes kommen. Dies erfordert eine Haltungsänderung der Erzieherin, derart, dass das Kind nicht zum Objekt der Erziehung gemacht wird, sondern von seiner Selbsttätigkeit (Hilf mir es selbst zu tun) und Andersartigkeit ausgehend die sensiblen Phasen in seiner Entwicklung beobachtet und bei ihren Anregungen berücksichtigt werden. Die Montessori-Materialien – angeregt durch die Arbeiten der Ärzte Jean Itard und Edouard Séguin – sind Entwicklungsmaterialien und die praktische Konsequenz ihres Ansatzes. Sie gliedern sich in fünf Gruppen, wobei die erste, die Übungen des täglichen Lebens, und die zweite, die Sinnesübungen, fast ausschließlich im Kinderhaus eingesetzt werden, während das Sprach-, das Mathematikmaterial und die Materialien zur kosmischen Erziehung – mit dem Ziel eines friedvollen Zusammenlebens der Menschen und der Erhaltung des Gleichgewichtes der Natur – in der Schule eingesetzt werden. Durch eine freie Wahlmöglichkeit, den Aufforderungscharakter der Materialien, die Isolierung und Abstufung von Schwierigkeiten und Eigenschaften und eine immanente Fehlerkontrolle zielen sie auf die Selbständigkeit und Selbsttätigkeit des Kindes. Sie ermöglichen ihm, sich in einem individuellen Lerntempo auf eine Arbeit zu konzentrieren. Mit den Einrichtungsgegenständen, die den kindlichen Proportionen entsprechen müssen, bilden sie eine vorbereitete Umgebung, in der die Erzieherin eine anregende und beobachtende Funktion einnimmt.
Die Stellungnahmen zur Montessori-Pädagogik waren von Anfang an gegensätzlich und schwanken zwischen breiter internationaler Anerkennung der Praxis und einer Kritik an den theoretischen Grundlagen und der unklaren Terminologie, verbunden mit dem Vorwurf des biologischen Naturalismus, Rationalismus, Positivismus und Individualismus.
Umstritten ist die metaphysische Begründung ihrer Pädagogik, ob sie religiös-katholisch, theosophisch, Religionen übergreifend oder als theologischer Naturalismus zu interpretieren ist. Die Interpretationen wurden jeweils auch von den Schwerpunkten der Diskussion im Bereich der Kindergartenerziehung bestimmt: so in den 1920er Jahren im Montessori-Fröbel Streit der Vorwurf der Vernachlässigung der Kreativität und Phantasie, im Rahmen einer personalen Pädagogik in den 1950er Jahren der Vorwurf der Vernachlässigung des pädagogischen Bezuges und Dialoges, im Zusammenhang der Diskussionen um situationsorientierte Ansätze in den 1970er Jahren der Vorwurf eines instrumentellen, von der sozialen Umgebung isolierten Lernens ohne Rückbezug auf die Alltagssituation. Demgegenüber werden in der gegenwärtigen Diskussion um ein neues Bildungs-verständnis die Verbindung biologisch angelegter Dispositionen mit dem je individuellen Selbstwerk des Kindes in einer anregenden personalen und sächlichen Umgebung, bei gleichzeitiger Kritik an den metaphysischen Grundlagen ihrer Pädagogik, positiv hervorgehoben. Eine kritische Gesamtausgabe ihrer Werke und empirische Untersuchungen über tatsächliche Wirkungen der Montessoripädagogik auf Kinder und Schüler fehlen jedoch bislang.

Literatur

  • Böhm, W. (Hg.) (1996): Maria Montessori – Texte und Diskussion. Bad Heilbrunn.
  • Böhm, W./Fuchs, B. (2004): Erziehung nach Montessori. Bad Heilbrunn.
  • Montessori, M. (1934): Grundlagen meiner Pädagogik. In: Eggersdor-fer, F. X. (Hg.) Handbuch der Erziehungswissenschaft. Teil III, Bd. 1, 265-286.

Copyright-Hinweis:
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)

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"Im Mittelpunkt der Arbeit des nifbe steht das Kind in seinem sozialen Kontext und mit seinem Anspruch auf bestmögliche Förderung und Begleitung von Anfang an."
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