Seit dem Sommer 2002 gelten für die ErzieherIn-Ausbildung in Niedersachsen Rahmenrichtlinien, die sich an einem Lernfeldkonzept orientieren. Die acht Lernfelder enthalten thematische Einheiten aus dem Berufskontext wie beispielsweise „Mit Kindern und Jugendlichen Lebenswelten strukturieren und mitgestalten“ oder „Musisch-kreative Kompetenzen weiterentwickeln und Medien gezielt anwenden“. Die Lernsituation, Ausprägung und Inhalte innerhalb der Lernfelder bestimmt jede Fachschule autonom. Damit ist der Erwerb von Kompetenzen im mathematisch-technisch-naturwissenschaftlichen Bereich (MINT) nicht konkret geregelt – obgleich MINT laut Niedersächsischem Orientierungsplan und Lernfeldern in KiTas eine hohe Priorität genießt. Zwei Vorschläge und Erarbeitungen könnten richtungsweisend sein, um MINT in der ErzieherIn-Ausbildung zu etablieren: Ein Schulversuch zur Modularisierung der Ausbildung sowie der Orientierungsrahmen für das Frühpädagogik-Studium formulieren dafür Konzepte und Ideen.
Die Ankündigung der nifbe-Fachtagung im November 2012 fasst die Thematik zusammen. Im Flyer heißt es: „Sprachbildung, Bewegung, Ästhetische Bildung, Beobachtung und Dokumentation von Bildungsprozessen – thematische Anforderungen, denen (zukünftige) ErzieherInnen in ihrem Arbeitsalltag begegnen. Hier gilt es schon in der Ausbildung pädagogischen Fachpersonals Begeisterung zu wecken und zu fördern. … Es existiert bereits ein beachtliches Spektrum an methodischen Ansätzen, Konzepten und Modellen für frühpädagogische Fachkräfte. Der überwiegende Teil dieser Angebote fokussiert, in Form von Fort- und Weiterbildung, das bereits in den Einrichtungen/Kitas tätige Personal. Die Einbindung von MINT in die Ausbildung bedarf einer angemessenen Passung in die gut gefüllten Curricula von FachschülerInnen in der ErzieherInnenausbildung.“
Die folgenden Beispiele zeigen, wie MINT in der Ausbildung etabliert und integriert werden könnte.
Das Niedersächsische Kultusministerium erteilte der Herman-Nohl-Schule – Fachschule Sozialpädagogik in Hildesheim den Auftrag, zwischen 2008 und 2012 einen Schulversuch in drei Durchgängen durchzuführen (Erlass vom 30.6.2008). Die Ausbildung von ErzieherInnen sollte darin in Module gegliedert werden, die Kompetenzen entsprechen. Erstens wollte man damit die Durchlässigkeit der Berufsausbildung im Sinne der europäischen Anrechnungspunkte auf Hochschulebene verbessern (European Credit Transfer System ECTS). Zweitens sollte das Modulsystem den hohen Qualitätsstandard transparent machen, indem es Qualifikationsziele im Sinne von Kompetenzen definiert. Im Modularisierungskonzept sind diese in die Bereiche Wissen, Können und Haltung unterteilt. Dies entspricht europäischen Standards in der Berufsaufbildung.
Die Herman-Nohl-Schule entwickelte für den Versuch ein Portfolio, das elf Module mit Inhalten ausfüllt. Konkret für den Bereich MINT formulierten sie im Modul 5d „Pädagogisches Handeln im Bereich mathematisches, technisches und naturwissenschaftliches Grundverständnis“ folgende Kompetenzen und Themen, die 80 Stunden Arbeitsaufwand und zwei ECTS-Credit Points entsprechen:
„…
Naturwissenschaften
Mathematik/Technik
Ökologische Erziehung
…“
Grundlage der Module bildet das Konzept zum Frühpädagogik-Studium der Robert-Bosch-Stiftung (siehe Orientierungsrahmen Profis in KiTas – nächste Seite).
Das Konzept für die Inhalte des Frühpädagogik-Studiums umfasst elf Bildungsbereiche, auch Bausteine genannt. Die Bausteine 15 bis 17 beinhalten die Bereiche „Mathematik“, „Naturwissenschaften“ und „Technik“. Für jeden Baustein definiert der Orientierungsrahmen konkret Ausgangspunkt, Qualifikationsziele, Bildungsinhalte und Lernergebnisse/Kompetenzen der Studierenden, Lehr- und Lernmethoden und weiterführende Literatur.
Baustein Mathematik
Als Aufgabe der Mathematik und der FrühpädagogInnen beschreibt das Konzept: „Mithilfe von Zahlen und geometrischen Formen können Kinder die Welt in ihren Gesetzmäßigkeiten und Strukturen genauer wahrnehmen. Frühpädagoginnen greifen mathematische Strukturen im kindlichen Spiel auf und können Lerngelegenheiten gezielt initiieren.“
Der Orientierungsrahmen arbeitet heraus, wie wichtig Freude, Faszination und der ko-konstruktive, situative Ansatz sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung zu mathematischen Bildung sind. Frühpädagogik-Studierende sollen lernen, Mathematik in den Alltag und ins Spiel einzubinden. Inhaltlich sieht das Konzept mathematisch-didaktische, entwicklungspsychologische, sozialpädagische wie organisatorische Kompetenzen vor. Methodisch sollen die zukünftigen FrühpädagogInnen das Spektrum von Projektarbeit bis Lernwerkstätten oder Literaturarbeit beherrschen.
Baustein Naturwissenschaften
In diesem Bereich stellt das Konzept die Phänomenologie in den Fokus: „Scientific Literacy gilt als Schlüsselkompetenz in einer durch Naturwissenschaft und Technik geprägten Welt. Die nahezu grenzenlose kindliche Faszination für Naturphänomene muss aufgegriffen und eigenes Entdecken, Experimentieren sowie eigenständige Denkprozesse durch Spielen und Lernen in der Natur ermöglicht werden.“
Der Orientierungsrahmen unterstreicht den Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlichen Phänomenen, naturwissenschaftlicher Arbeitsweise (Experimente) sowie Sprache. Wieder sollen sich die AbsolventInnen mit ihrem Selbstkonzept über Naturwissenschaft auseinandersetzen. Inhaltlich unterteilt das Konzept in drei Schwerpunkte: „theoretisch-didaktischer Hintergrund, Praxis mit Peers und Praxis mit Kindern“. Noch stärker als in der Mathematik soll hier der Umgang mit geeigneten Werkzeugen und Materialien erlernt werden. Als Methoden sollen die FrühpädagogInnen freie und angeleitete Experimente durchführen können und Exkursionen anbieten.
Baustein Technik
Die Einführung in den technischen Kompetenzbereich unterstreicht die große Bedeutung von Technik, aber auch die Vorbehalte demgegenüber: „Technische Bildung zielt auf eine sichere, kompetente, mitbestimmende und mitgestaltende Teilhabe an der Welt. In der Auseinandersetzung mit Technik können Frühpädagoginnen Ängste abbauen und eine positive Haltung entwicklen.“
Die geforderten Kompetenzen im Frühpädagogik-Studium gleichen denen des naturwissenschaftlichen Bausteins. Auch hier unterscheidet der Orientierungsrahmen in fachbezogene und didaktisch-methodische Aspekte. So sollen FrühpädagogInnen unter anderem „..planen, zeichnen, bauen, konstruieren, montieren und demontieren, analysieren…“ können. Sie sollen mit Werkzeugen und einfachen Maschinen umgehen sowie entsprechende Lernarrangements, Experimente und Exkursionen umsetzen können.
Informationen zur Fachtagung „MINT – mach mehr daraus“ im November 2012 in Wolfsburg:
MINTidA (Veranstaltungsflyer)
MINT in der Ausbildung: Auf Kinderebene forschen (Nachbericht)
Fachbeitrag zur Umsetzung von Bildungsplänen im Bereich MINT:
Exemplarische Realisierung von Bildungsplänen am Beispiel MINT
AKTUELL
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