Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus dem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Supervision vom 19.09.2011. Um einen Blick auf den Gesamtzusammenhang zu bekommen und den Text auch kontextuell einordnen zu können, lesen Sie bitte auch die dazugehörigen Texte, die im Anschluss verlinkt sind.
Die Elementarpädagogik ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus von Politik und Gesellschaft getreten und hat Forderungen nach strukturellen Veränderungen und eine fachwissenschaftliche Diskussion bewirkt. Dies führt zu einer Vielzahl von unterschiedlichen, sich gegenseitig verstärkenden bis hin zu widerstreitenden Bewegungen im Feld.
Als Themen seien hier beispielhaft genannt:
Zudem hat die öffentliche Diskussion um Strukturprinzipien der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen dazu geführt, dass ein direkter Auftrag an die Einrichtungen und Jugendhilfeträgern. §1 SGB VIII, § 8a § 22 formuliert ist: „Kindertageseinrichtungen haben den Auftrag, Mädchen und Jungen zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Individuen zu entwickeln. Die Betreuung, Bildung und Erziehung haben dabei orientiert an den Bedürfnissen und Lebenslagen von Mädchen und Jungen, Mütter und Väter zu erfolgen (SGB VIII § 1).
Die Heterogenität des Feldes der Elementarpädagogik ist das Fundament, auf dem dieser komplexe Auftrag gestaltet werden muss. Seit Jahrzehnten stand einseitig die Betreuung von Kindern im Vordergrund. Derzeit ist wahrzunehmen, dass Möglichkeiten und frühkindlicher Bildungsansätze intensiv diskutiert werden. Ganzheitlichkeit vs. Orientierung an fachdidaktischen Herangehensweisen bestimmen dabei die Positionen. Supervision kann dazu beitragen in der Diskussion einer Verengung des Bildungsbegriffes“ entgegen zu wirken und die Notwendigkeit und Wichtigkeit des reflexiven Lernens auf allen Ebenen mitzugestalten, um einer Verengung des Bildungsbegriffes auf kognitives Lernen entgegenzuwirken.
Nach dem PISA Schock brachte das Bundesfamilienministerium auf dem sogenannten Krippengipfel 2007 das Gesetz zum Ausbau der Kindertagesstätten auf den Weg, in dessen Zentrum steht, dass es bis 2013 bundesweit im Durchschnitt in den Kommunen für 35% der Mädchen und Jungen unter 3 Jahren einen Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsplatz geben wird. Dieses Gesetz hat in Westdeutschland bewirkt, dass hier ein Krippenausbau in Gang gesetzt wird, der pädagogische Fachkräfte sowie Träger und kommunale Verantwortliche besonders herausfordert, für dieses Angebot strukturelle und konzeptionelle Voraussetzungen zu schaffen. Im Hinblick auf die seit Jahren stagnierenden Geburtenzahlen ist dies ein gesellschaftspolitisches Zeichen, durch das Männer und Frauen unterstützt werden sollen, sich für eine Elternschaft zu entscheiden. Letzte Erhebungen vom Sommer 2011 sprechen von einer Geburtensteigerung von 1,3 auf 1,39 Kinder pro Frau. Die weiterhin deutlich höhere Anzahl von rund 44% Krippenplätze in den neuen Bundesländern führt dort zu ganz anderem Vorgehen, Strategien und Entwicklungen.
Zudem ist in der politischen Debatte festzustellen, dass im Rahmen von Bildungsgerechtigkeit die Sorge den Mädchen und Jungen aus Migrationsfamilien mit sozial benachteiligten Verhältnissen gilt, weil dort weniger höhere Bildungsabschlüsse erreicht werden.
Die Veränderungsdynamik in dem Feld wird durch die Diskussion um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tendenz vorrangig als „Frauenthema“ in Wirtschaft und Arbeitswelt beeinflusst. Dabei vollzieht sich langsam ein Perspektivwechsel von ehemals nur familiärer Betreuung für die 0-3 jährigen Jungen und Mädchen und die öffentliche Betreuung.
Eine Debatte um eine „neue Mütterlichkeit“ ist seit einiger Zeit neu entfacht. Sie ist (auch) dadurch gekennzeichnet ist, dass aktuell junge Mütter das Angebot an Betreuung in öffentlichen Einrichtungen oder durch Tagesmütter gerne annehmen, aber selbst mit einer Muttergeneration groß geworden sind, die frühestens ihre Kinder mit 4 oder 5 Jahren in eine Einrichtung gegeben haben. Das bedeutet in den Familien, aber auch in den Einrichtungen einen Perspektivwechsel (insbesondere in Westdeutschland). Damit tragen die Mitarbeiterinnen der Einrichtungen zur Diskussion um Familienbilder bei, und sind als Mütter und Großmütter teilweise persönlich in ähnlichen Situationen und selbst durch Generationenkonflikte betroffen. Ebenso ist eine Veränderung der Vaterrolle wahrzunehmen, die von jungen Vätern anders ausgestaltet werden will, als von der eigenen Vätergeneration, die eher auf eine Ernährerrolle reduziert wurde.
Die öffentliche politische und gesellschaftliche Diskussion unterscheidet sich von den fachpolitischen Diskursen. Wird in gesellschaftspolitischen Debatten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Krippenausbau, gleichberechtigte Teilhabe und der prognostizierte und bereits eingetretene Fachkräftemangel in den Vordergrund gerückt, finden sich in der pädagogischen Fachdebatte umfangreiche Suchbewegungen und konzeptionell langfristig angelegte Überlegungen.
De facto betreffen die politischen Entscheidungen in großem Maße derzeit die strukturellen Bedingungen der Bildung, Erziehung und Betreuung von Mädchen und Jungen, sowie ihre Müttern und Vätern, besonders im Kontext der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In den Aus- und Weiterbildungsinstitutionen findet die Fachdebatte um pädagogische Haltungen in Erziehung, Betreuung und Bildung statt, die pädagogische Fachkräfte für das Feld für die zunehmend interdisziplinär ausgerichteten Teams ausbilden und eine Anerkennung im Rahmen einer Durchlässigkeit zwischen den Bildungssäulen von Ausbildung, Fortbildung, Weiterbildung und Studium anstreben.
[1]Da im Arbeitsbereich Elementarpädagogik fast nur Frauen beschäftigt sind, wird im Text grundsätzlich die weibliche Form verwandt. Männer sind dabei mit angesprochen.
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