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Bei BaSiK (vgl. Zimmer et al., 2014) handelt es sich um ein im Rahmen des nifbe entwickeltes Verfahren, welches eine begleitende Beobachtung der kindlichen Sprachentwicklung ab dem vollendetem ersten Lebensjahr in Kindertageseinrichtungen ermöglicht. Die Beobachtung erfolgt im pädagogischen Alltag und hat das Ziel, den Sprachentwicklungsverlauf eines Kindes kontinuierlich zu dokumentieren und darüber hinaus auch speziellen Förderbedarf zu erkennen. Aufbauend auf den Beobachtungen können Maßnahmen einer alltagsintegrierten Sprachbildung abgeleitet werden. Das Verfahren liegt in einer Version für Kinder unter drei Jahren und einer Version für Kinder über drei Jahren vor.
Auffassung von Sprache und ihrer Beobachtung
Das Kind wird als ein von Beginn an aktiv lernendes, kompetent handelndes Wesen verstanden, das seine eigene Entwicklung vorantreibt und sich die Welt aktiv aneignet. Durch Sprache kann es sich mitteilen, seine Bedürfnisse äußern und mit seinen Bezugspersonen in Interaktion treten (vgl. Zimmer, 2010). Das Kind benötigt Bezugspersonen, die es in seinem Bedürfnis nach forschendem und entdeckendem Lernen unterstützen, die ihm Anregungen und Herausforderungen geben und damit neue Erfahrungsmöglichkeiten eröffnen (vgl. Fischer, 1996; Zimmer, 2010a, 2012).
Besonders die Kinder, die noch am Beginn ihrer Sprachentwicklung stehen oder Deutsch als Zweitsprache erwerben, profitieren von Zugängen zur Sprache, die über die Wahrnehmung, den Körper und die Bewegung erfolgen. BaSiK verfolgt somit einen ganzheitlichen Zugang zur Sprache, ihrer Beobachtung und Bildung. Dabei steht der individuelle Erkenntnisgewinn für eine alltagsintegrierte Sprachbildung, die sich an der Lebenserfahrung der Kinder orientiert, im Vordergrund. Auf der Grundlage dieses Verständnisses von Sprache greift das Beobachtungsverfahren BaSiK alltägliche Situationen inhaltlich auf und sensibilisiert die pädagogische Fachkraft für den Prozess des Spracherwerbs sowie für die Wahrnehmung alltagsrelevanter kommunikativer Handlungssituationen. Der Fokus ist auf die Ressourcen des Kindes sowie auf seine intraindividuellen Entwicklungsschritte gerichtet, die über einen längeren Zeitraum im Alltag der Kindertageseinrichtungen beobachtet und begleitet werden. Zudem dient das Verfahren den pädagogischen Fachkräften als Orientierung dafür natürliche, alltagsintegrierte Sprachanlässe aufzugreifen und im Sinne des Kindes – mit seinem Bedürfnis nach forschendem und entdeckendem Lernen – zu nutzen.
Bei der Konstruktion des Verfahrens wurde darauf geachtet, die Wahrnehmungsrealität und die Perspektiven der pädagogischen Fachkräfte abzubilden, da sie als wichtige Bezugspersonen im Alltag der Kinder gelten (vgl. Flender & Wolf, 2012). Wissenschaftlich fundierte Theorien und Erkenntnisse wurden dabei berücksichtigt und auf diese Wahrnehmungsrealität übertragen. Folgende Konzepte und Ansätze finden im Rahmen eines Gesamtmodells dabei Beachtung:
Aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes, der davon ausgeht, dass zentrale Basiskompetenzen dem Spracherwerb vorausgehen, erlangten diese bei der Erstellung der Skalen von BaSiK besondere Beachtung. Linguistischen Erkenntnissen zufolge bildet sich Sprache aufbauend auf den Basiskompetenzen auf verschiedenen Ebenen. Diese umfassen phonetisch-phonologische, semantisch-lexikalische, prosodische und morphologisch-syntaktische Kompetenzen sowie das sprachliche Handeln. BaSiK berücksichtigt nach Sichtung aktueller Expertisen (Lengyl, 2012; Lüdtke & Kallmeyer, 2007) diese Sprachebenen in Form von entsprechenden Skalen. Zudem wurden weitere Kompetenzen aufgenommen wie Spiel, Interesse an Sprache und Literacy. Dadurch sollen sprachliche Entwicklungsschritte, die in andere (Bildungs-) Bereiche fallen, berücksichtigt werden. Für BaSiK ergeben sich somit folgende Skalen:
a. Basiskompetenzen
b. Sprachverständnis
c. Semantisch-lexikalische Kompetenzen
d. Phonetisch-phonologische Kompetenzen
e. Prosodische Kompetenzen
f. Morphologisch-syntaktische Kompetenzen
g. Pragmatische Kompetenzen
h. Literacy
Zur Dokumentation der Kompetenzen wird ein Beobachtungszeitraum von 2-4 Wochen empfohlen. Fehler, die in der Beobachtung auftreten können, werden im Manual thematisiert. Es ist darauf zu achten, dass unterschiedliche Situationen beobachtet und beim Ausfüllen von BaSiK beachtet werden. Im Rahmen des Manuals werden Alltagssituationen beschrieben in denen die pädagogischen Fachkräfte die beschriebenen Kompetenzen des Beobachtungsverfahrens wiederfinden können. Im Anschluss an jeden einzelnen Kompetenzbereich soll die Fachkraft reflektieren, wie die angekreuzten Kompetenzen, beziehungsweise das Profil des Kindes im Sinne der Zone der nächsten Entwicklung bedeutsam ist und wie sie das Kind weiter unterstützen kann. Auch dazu finden sich Beispielsituationen im Manual.
Das Verfahren BaSiK wurde 2010 entwickelt und seither in den Bundesländern Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen erprobt. Die bisherigen Analysen des Verfahrens basieren auf einer Stichprobe von insgesamt circa 2000 Kindern, von denen ungefähr ein Drittel mit Deutsch als Zweitsprache aufwächst. Die aktuelle Normierungsstichprobe des Verfahrens umfasst 957 Kinder im Alter von 1;0 – 6;11 Jahren, von denen 211 Kinder einen bi- bzw. multilingualen Spracherwerb aufweist. Die Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse weisen bei beiden Verfahren sowohl für die Kinder mit Deutsch als Erstsprache, als auch für die mehrsprachig aufwachsenden Kinder auf zufriedenstellende Koeffizienten der einzelnen Skalen hin. Dabei weist das BaSiK-U3-Verfahren eine interne Konsistenz von ? (Median) = .87 und das BaSiK-Ü3-Verfahren eine interne Konsistenz von ? (Median) = .87 auf. Darüber hinaus sprechen signifikante Zusammenhänge mit der Summe der Risikopunkte des Verfahrens BISC (Jansen, Mannhaupt, Marx & Skowronek, 2002) für die Validität des Verfahrens. Praxiserfahrungen zufolge lässt sich das Verfahren BaSiK ökonomisch und praktikabel im pädagogischen Alltag anwenden und ist außerdem hilfreich bei der Ableitung von Maßnahmen zur Unterstützung der kindlichen Sprachentwicklung.
Das Verfahren BaSiK ist eines der Instrumente, die das Land Nordrhein-Westfalen zur Beobachtung der Sprachentwicklung von Kindern in Kindertageseinrichtungen ab dem Kindergartenjahr 2014/2015 empfiehlt.
Leiterin der nifbe-Forschungsstelle Bewegung und Psychomotorik
Kurz-Bio:
Prof. Dr. Renate Zimmer studierte Sportwissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln und der Universität Mainz. Danach war sie vier Jahre lang (1968 – 1972) hauptamtlich als Lehrerin an einem Gymnasium und an einer Grundschule in Bitburg tätig. Von 1972 bis 1976 absolvierte sie ein Studium der Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt „Frühe Kindheit“ an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, Abt. Worms und wurde anschließend Wissenschaftliche Assistentin an den Universitäten Hildesheim und Osnabrück. 1981 erhielt sie einen Ruf auf eine Professur für Sportwissenschaft an der Universität Osnabrück/Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften. Seit 1991 führt Renate Zimmer regelmäßige bundesweite Kongresse zum Thema „Bewegte Kindheit“ durch, die mit 2500 Teilnehmern zu den größten Veranstaltungen dieser Art gehören. Internationale Kooperationen auf dem Gebiet der frühen Kindheit pflegt sie u.a. mit dem Institut für Frühpädagogik in Hangzhou/China, der EWHA-Universität in Seoul/Korea, der Dimocritus- Universität in Komotini/Griechenland und der Freien Universität Bozen/Italien, an der sie für die Bildungswissenschaftliche Fakultät den Bereich Bewegungserziehung und Psychomotorik aufgebaut hat und mehrere Forschungsprojekte betreut. Viele ihrer insgesamt 34 Bücher zu den Themen Frühkindliche Entwicklungsförderung, Bewegtes Lernen, Psychomotorik, Bewegungserziehung, Sinneswahrnehmung und Sprachförderung sind in mehrere Sprachen (u.a. griechisch, koreanisch, chinesisch, finnisch) übersetzt worden. 2007 wurde sie wegen ihres besonderen gesellschafts- und bildungspolitischen Engagements für Kinder durch den Bundespräsidenten Horst Köhler mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Prof. Dr. Renate Zimmer leitet die Forschungsstelle Bewegung, Wahrnehmung, Psychomotorik und ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzende und Leiterin des Niedersächsischen Instituts für Frühkindliche Bildung und Entwicklung.