Zahl der Kita-Fachkräfte und Auszubildenden erreicht neuen Höchststand - Expansion führt nicht zu Dequalifizierung des Personals

Kindertageseinrichtungen sind ein boomender Arbeitsmarkt: Die Anzahl der dort Beschäftigten ist zwischen 1998 und 2014 um mehr als 235.000  (+65%) auf etwa 610.000 gestiegen. Diese Expansion erfolgte entgegen vieler Befürchtungen nicht zu Lasten des Qualifikationsniveaus: Sieben von zehn pädagogisch und leitend Tätigen sind ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Dennoch liegt die Quote einschlägig akademisch Qualifizierter mit 5% nach wie vor deutlich unter der in anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Zudem ist kaum Zeit für Leitungsaufgaben und das Gehalt entspricht nicht der Qualifikation. Deutlich erhöht haben sich die Ausbildungskapazitäten. Fraglich ist jedoch, ob die Nachwuchskräfte ausreichen, um die Kindertagesbetreuung künftig qualitativ zu verbessern. Dies geht aus dem Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2014 hervor, mit dem die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFFWiFF|||||WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern.) erstmals auf Grundlage der amtlichen Statistik eine umfangreiche Analyse über Personal und Qualifizierung in der Frühen Bildung in Deutschland vorlegt.


Beschäftigungsmotor ist der U3-Ausbau
Mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Ein- und Zweijährige wurden vor allem dort Stellen ausgebaut, wo Kinder unter drei Jahren betreut werden. In Einrichtungen mit Kindern aller Altersgruppen sind zwischen 2006 und 2013 rund 128.000 pädagogisch und leitend Tätige (+74%) hinzugekommen, sodass hier mit circa 300.000 fast zwei Drittel (61%) der Fachkräfte arbeiten. Den größten prozentualen Personalzuwachs verzeichnen reine Krippengruppen mit rund 27.000 Vollzeitäquivalenten (+259%). Der Arbeitsmarkt ist entsprechend ausgeschöpft: Nur knapp 6.600 ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher waren 2013 arbeitslos gemeldet.

Ausbildungskapazitäten steigen
Die Anzahl an Fachschulen für Sozialpädagogik, die Erzieherinnen und Erzieher ausbilden, hat sich in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt. Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen ist vom Schuljahr 2007/08 bis 2011/12 um 18% auf 21.000 gestiegen. Für 2014/15 kann damit gerechnet werden, dass knapp 28.000 Erzieherinnen und Erzieher ihre Ausbildung abschließen werden. Das ist ein neuer nationaler Höchststand. Ausgebaut wurden auch die früh- bzw. kindheitspädagogischen Bachelor-Studiengänge, von denen es mittlerweile 67 an 53 Hochschulstandorten gibt. Während 2008 nur 270 Absolventinnen und Absolventen ihr Studium abgeschlossen haben, waren es 2013 mit 1.687 bereits sechs Mal so viele.

Akademisierungsgrad steigt, bleibt aber gering
Die steigende Anzahl an Absolventinnen und Absolventen früh- bzw. kindheitspädagogischer Studiengänge macht sich in den Kindertageseinrichtungen bemerkbar: Dort ist die Zahl der Kindheitspädagoginnen und -pädagogen von 2006 bis 2014 um über 200% auf 3.038 gestiegen. Auch die Anzahl der Diplom-Sozialpädagoginnen und -Sozialpädagogen, Diplom-Pädagoginnen und -Pädagogen sowie der Diplom-Heilpädagoginnen und -Heilpädagogen ist enorm gewachsen. Dennoch liegt der Anteil einschlägig akademisch Qualifizierter unter den pädagogisch und leitend Tätigen in der Kita derzeit immer noch bei nur 5%.

Mehr Qualität erfordert mehr Personal
Unter Berücksichtigung einer geschätzten Übergangsquote werden voraussichtlich bis 2025 rund 296.000 Absolventinnen und Absolventen in das Arbeitsfeld Kita einmünden. Sie könnten sowohl die rund 200.000 Beschäftigten ersetzen, die zwischen 2014 und 2025 voraussichtlich aus dem Arbeitsfeld ausscheiden, als auch den zusätzlichen Personalbedarf bei einem weiteren U3-Ausbau kompensieren. Sollten allerdings weitere Ganztagsangebote geschaffen und die Qualität frühkindlicher Bildung durch eine Verbesserung des Personalschlüssels gesteigert werden, dann reicht das zu erwartende Ausbildungspotenzial nicht mehr aus.

Kaum Zeit für Leitungsaufgaben
Mehr als die Hälfte aller Leitungskräfte (58%) übernimmt neben dem Management der Einrichtung auch die Gruppenleitung oder gruppenübergreifende Tätigkeiten, da sie nur anteilig für Leitungsaufgaben freigestellt ist. Während die Anzahl anteilig freigestellter Leitungen zwischen 2011 und 2014 um 61% gestiegen ist, stagniert trotz des Kita-Ausbaus die Zahl vollständig freigestellter Leitungen (+0,6%). 10% aller Kindertageseinrichtungen in Deutschland haben keine ausgewiesene Leitungsperson.

Geringes Lohnniveau
Die Gehälter in der Frühen Bildung bewegen sich mit durchschnittlich 2.630 Euro brutto pro Monat auf vergleichsweise niedrigem Niveau: Sie liegen leicht unterhalb der Entgelte für Krankenschwestern und -pfleger mit einer Ausbildung an der Berufsfachschule, und erheblich unter denen der männlich dominierten Berufsgruppen auf Fachschulniveau, z.B. der Technikerinnen und Techniker, sowie weit unter den Entgelten für angestellte Lehrkräfte mit akademischem Abschluss. Das Lohnniveau in der Frühen Bildung ist damit weder durch den Ausbildungsabschluss noch durch die Nähe zum Bildungswesen als vielmehr durch Zugehörigkeit zu den Sozial- und Gesundheitsberufen geprägt.

Anteil ältere Kita-Fachkräfte und Teilzeitstellen gestiegen
Im Zuge des hohen Personalzuwachses ist es offenbar gelungen, pädagogisch Qualifizierte nach der Familienphase oder aus angrenzenden Berufsfeldern in die Kita zurückzuholen: Während 1998 nur 22% der Beschäftigten älter als 45 Jahre waren, lag deren Anteil 2013 bei 41%. Demgegenüber haben jüngere Altersgruppen an Gewicht verloren: Der Anteil der unter 25-Jährigen ist von 18% (1998) auf 13% (2013) gesunken. Dies veranschaulicht, dass sich die Kita zu einem Arbeitsfeld über die gesamte Lebensspanne entwickelt hat und vom Ausbau überproportional ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitiert haben. Eine weitere Veränderung, die mit dem Personalausbau einhergeht, betrifft den Anstieg an Teilzeitbeschäftigungen: 1998 hat knapp die Hälfte (46%) der pädagogisch und leitend tätigen Personen in Teilzeit gearbeitet, 2014 waren es fast zwei Drittel (63%). Die Anzahl der Vollzeitstellen ist trotz des Gesamtwachstums in dieser Zeit konstant geblieben.

Herausforderung: Ausreichend qualifiziertes Personal für den Bildungsort Kita
Aus den Ergebnissen des Fachkräftebarometers Frühe Bildung 2014 lassen sich bildungspolitische Herausforderungen ableiten: Fachkräfte müssen durch berufsbegleitende Weiterbildung den Anschluss an aktuelles, wissenschaftlich fundiertes Fachwissen für neue Themen wie Inklusion, Sprachbildung und die Betreuung unter Dreijähriger bekommen. Als Arbeitsfeld für die gesamte Lebensspanne muss die Kita zudem Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bieten, um Fachkräfte langfristig im Feld zu halten. Voraussetzung dafür ist die Ausdifferenzierung verschiedener Berufsprofile in der Kita entsprechend der Qualifikation, die sich auch in der Beschäftigungshierarchie und Bezahlung spiegeln. Dies gilt auch für die Gewinnung von Nachwuchskräften, für die Anreize geschaffen werden müssen, damit die Kindertagesbetreuung für sie ein attraktives Arbeitsfeld ist. Schließlich benötigen Leitungen von immer größer werdender Einrichtungen ausreichend Zeit für Personalplanung sowie die Qualitätsentwicklung der Kita. 

 

 

Quelle: WiFF